Nick Falkner koordiniert mit bis zu 150 Ehrenamtlern die Versorgung der Bevölkerung
GELSDORF. TW. Es geht an manchen Tagen zu, wie im Taubenschlag. Dann strömen die Menschen in Scharen in die Robert-Koch-Straße im Gelsdorfer Industriegebiet. Denn hier gibt es in einem 1.100 Quadratmeter großen Zelt so ziemlich alles, was im Katastrophengebiet an der Ahr benötigt wird: Lebensmittel, Getränke, Werkzeuge, Kleidung, Hygieneartikel und viele weitere Dinge des täglichen Bedarfs, um nur einige Artikelgruppen zu nennen. Mehrere zehntausend Artikel lagern hier, alles gespendete Waren und alles umsonst. Nur teure Maschinen werden nicht verschenkt, sondern verliehen, nachdem man feststellte, dass es Menschen gab, die sich an mehreren solcher Hilfszentren mit teuren Maschinen bedienten, um diese im eigenen Keller zu horten.
Nick Falkner hatte die Idee schon kurz nach der Flut durchs Ahrtal. „Ich habe auf der Kreisverwaltung angerufen und gefragt, wer sich um die Versorgung der Bevölkerung mit den wichtigsten Sachen kümmert. Dafür habe man keine Zeit, bekam ich als Antwort“, erzählt der Soldat und beschloss, sich selbst der Sache anzunehmen. „Wir haben erst einmal versucht, die Menschen mit Wasser zu versorgen, obwohl es unheimlich schwer war, überhaupt in die zerstörten Orte vorzudringen. Sein Lager hatte Falkner im Innovationspark Grafschaft bei Haribo aufgeschlagen. „Aber da mussten wir nach zwei Tagen wieder raus“, berichtete er und bekam neue Unterstellmöglichkeiten bei einem Bauunternehmen und einem Fahrradhändler in Gelsdorf. Von hier aus wurden täglich die Ausgabestationen in den Dörfern des Katastrophengebiets beliefert. So gut es ging eben. Aus der anfänglichen Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Decken entwickelte sich schnell mehr. Es kamen immer mehr Spenden in Gelsdorf an. Schnell merkte man, dass neue Strukturen geschaffen werden und die Koordination verbessert werden müssen.
„Wir haben das anders gemacht, als das Lager am Nürburgring. Dort hat man immer weiter Spenden angenommen und war mit hohem Personalaufkommen schnell nur noch damit beschäftigt, alles zu sortieren“, erzählt Falkner. Sein System war effektiver: Wer etwas spenden wollte, meldete es an. Falkners Team glich Angebot und Bedarf ab, orderte nur, was auch gleich verteilt werden konnte und brachte die Waren unmittelbar nach der Ankunft zu den Versorgungspunkten im Ahrtal. In den ersten drei Wochen waren das sechs 40-Tonner voller Sachen. Dann erweiterte das Verteilerzentrum sein Angebot, errichtete dank der Finanzierung durch die Verbandsgemeinde Altenahr ein großes Zelt und zog abermals um. Jetzt können die Menschen auch nach Gelsdorf kommen und ihren Bedarf decken.
Seit einigen Tagen gehört das Verteilerzentrum nun auch zur offiziellen Hilfe des Krisenstabs bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). „Da haben wir mehrmals die Woche angerufen, nun hat das auch geklappt“, berichtet der Soldat, dessen Dienststelle nur wenige Meter vom Hilfszelt die Kaserne in Gelsdorf ist.
Dank der Kooperation mit der ADD wird man bald erneut umziehen. Bei der Böttcher GmbH im Grafschafter Gewerbepark entsteht derzeit auf 5.500 Quadratmetern ein Handwerkercamp, das für fünf Jahre geplant ist. Hier wird dem Verteilerzentrum ein winterfestes Zelt zur Verfügung gestellt. „Die Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten ist damit auch über den Winter gesichert“, freut sich Nick Falkner. Sorgen bereiten ihm dagegen andere Dinge. Neben seinem festen Stamm von 20 bis 30 Helfern nimmt die Zahl der Freiwilligen nach den Sommerferien mehr und mehr ab. „Was ich benötige, ist die Möglichkeit, ein paar Leuten wenigstens einen 450-Euro-Job anbieten zu können, damit die Arbeit weitergehen kann. Vielleicht finden sich aber auch ein paar Rentner ein, die sich hier für einige Stunden in der Woche einbringen wollen.“ Falkner selbst hat für sein ehrenamtliches Engagement erst einmal den Jahresurlaub vom aktuellen und den aufgesparten Urlaub des Vorjahres eingesetzt. Auch er würde sich wünschen, dass die Bundeswehr als sein Dienstherr ihn für die Helferarbeit vom Dienst freistellt. Denn Arbeit hat die private und ehrenamtliche Organisation noch mindestens bis nach den Wintermonaten. Wer sich im Verteilerzentrum in Grafschaft-Gelsdorf engagieren möchte, kann sich gerne bei Nick Falkner unter Telefon 0171 / 69 44 945 melden.